Reto Candio präsentiert Kurioses aus dem Amriswiler Anzeiger

Reto Candio berichtete an der Erzählstunde am vergangenen Museumssonntag von speziellen und kuriosen Inseraten aus über 100 Jahren «Amriswiler Anzeiger».

Reto Candio ist seit 2015 Mitglied der Kommission Ortsmuseum. Für seine Recherchen zu geplanten Führungen oder generell aus seinem geschichtlichen Interesse heraus verbringt er unzählige Stunden im Archiv der Stadt Amriswil. Im Zuge dieser Recherchearbeiten stösst Reto Candio immer wieder auf viele spezielle und kuriose Inserate in alten Ausgaben des Amriswiler Anzeigers. Erstaunlich ist, dass in der Zeit von 1884 bis heute lediglich vier Jahrgänge fehlen. In seinen Ausführungen erklärte Reto Candio zuerst Grundsätzliches zum Zeitungswesen und zu dessen Ge-schichte. So erfuhren die gut 40 Gäste beispielsweise, dass in einem «Anzeiger» jeder und jede etwas veröffent-lichen durfte, wogegen eine «Zeitung» ein überparteiliches Presseerzeugnis mit einer politischen Grundhaltung sei. Weiter führte Candio aus, dass im Jahr 1884 der Schreiner Jakob Stäheli an der Romanshornerstrasse 7 eine Lokalzeitung gründete, welche anfangs zweimal wöchentlich erschien und durch einen Lehrer redigiert wurde. Dieses Blatt wuchs im Laufe der Zeit unter der Führung von Eduard Grob, seinen Nachfahren und diversen Partnern zu einem vielgelesenen Lokalblatt, welches ab 1972 mit dem St. Galler Tagblatt kooperierte und später von der Thurgauer Zeitung abgelöst wurde. Die nachfolgende Zusammenfassung einiger ausgewählten Inserate aus dem «Amriswiler Anzeiger» entsprechen dem damaligen Zeitgeist und entlockten den Museumsbesucherinnen und Besuchern oftmals ein herzliches Lachen.

Kurioses, Lustiges und Unfassbares

1887 beispielsweise inserierte das Gemeindeammannamt Amriswil, dass eine stehen gebliebene Kuh abzuholen sei oder dass die Gemeinde 1893 in Folge hoher Busseneinnahmen den Landjägern (Polizisten) einen Bonus auszahle. 1911 erklärte ein Bürger in der Zeitung, dass er nicht der Vater eines ihm vorher untergeschobenen Kindes sei. Im Jahr 1925 warb anlässlich des Jahrmarkts ein Marktfahrer damit, gebrauchte oder defekte menschliche Gebisse zu kaufen. In Appenzell würde gar jede Braut zur Aussteuer ein Gebiss erhalten… Hier und dort wurden auch persönliche Ärgernisse veröffentlicht, wie beispielsweise das Tragen von grossen Damenhüten im Theater, welche die Sicht auf die Bühne beeinträchtigten oder dass der neue Kaminfeger das Doppelte seines Vorgängers verlangte. Blossstellungen von Personen, wie die abschliessenden Beispiele zeigen, sind heute zu Recht politisch nicht mehr korrekt und teilweise sogar verboten: Die Präsentation des kleinsten Kellners mit einer Körperlänge von 92 cm im Restaurant Gambrinus aus dem Jahr 1902 oder die Ankündigung eines Fussballspiels auf dem Tellenfeld zwischen einer «Auswahl von Kongo-Negern» gegen die Elitemannschaft des FC Amriswil im Jahr 1938. Die Präsentation 1917 von «Fräulein Carma» als schönste tätowierte Dame (mit Ganzkörper-Tattoo) ist hingegen heute nichts Aussergewöhnliches mehr. Reto Candio verstand es ausgezeichnet, die Museumsgäste mit Humor und Sachwissen zu unterhalten.

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